06 Januar 2013

Kingmaker, Kingbreaker (Serien I)


Als hätte Shakespeare persönlich seine Königsspiele ins Biker-Milieu verlegt: die Leiden, Wirren und (kriminellen) Machenschaften rund um den fiktiven Motorradclub 'SAMCRO' könnten genauso gut einem finsteren vorneuzeitlichen Hofkammerstück entsprungen sein. Drama, baby, und zwar vom fiesest-feinsten. Die 'Sons of Anarchy' schlagen sich von Beginn weg ins archetypische Gewand einer menschlich-allzumenschlichen Tragödie, und wenn die fünfte und bislang letzte Staffel mit einem mörderisch guten Cliffhanger endet, werden (einmal mehr) einige nicht mit dem Leben davongekommen sein. Doch zäumen wir das Pferd von vorne auf. 

(White) Trash und Tragik

Charming, California. Ein klischeehaft angestaubter Kleinstadtbogen aus dem amerikanischen Bilderbuch, wäre da nicht der sprichwörtliche Schönheitshaken im vermeintlichen Idyll: das vom Mief ewigen Provinztrotts umhauchte Käffchen, das von besseren Zeiten träumt, als es sie je gesehen hat, ist die Wiege des titelgebenden 'Sons of Anarchy Motorcycle Club, Redwood Original'. Bei selbigem ist es passenderweise mit dem vom Fahrtwind verwehten Bikercharme mythischen Easy-Rider-Zuschnitts nicht weit her. Oder vielmehr: nicht mehr weit her, denn was einst seinen Anfang in einer anarchisch-hippiesken Outlaw-Romantik nahm, hat sich längst zum straff geführten Mittelstandsunternehmen gemausert. Das Kerngeschäft: der Waffenhandel, der gewichtige Partner: die IRA. Im weiteren Serienverlauf werden allzeit brüchige Allianzen mit rivalisierenden Bikergangs, vom FBI unterwanderten kolumbianischen Drogenkartellen, sowie (der Abwechslung halber) mit leichtgewichtigen Pornoproduzenten und philosophierenden Escortservicebetreibern geschmiedet. Daneben tragen abgekämpfte alte Männer in abgewetzter Lederhaut die alltägliche Clubtristesse zu Tage, allen voran der umtriebige Clubpräsident Clarence 'Clay' Morrow (herrlich monströs verkörpert von 'Hellboy' Ron Pearlman, der schon den ungestalteten Glöckner von Notre Dame gegeben hat, sowie den Mönch Salvatore aus 'Der Name der Rose'). An seiner Seite, als 'Queen Bee' Gemma Teller Morrow nicht minder brilliant böse aufspielend: Katey Sagal, die ehemalige Peggy Bundy aus 'Married with Children' mit der unvermuteten Stimme der Leela aus 'Futurama'; Ehemann Kurt Sutter, kreativer Kopf der Serie, dürfte ihr die Rolle auf den schillernden Leib geschrieben haben). 



Measure for Measure

Dieser moderne Macbeth und seine schwarzbeseelte Lady würden den Club wohl bis ans Ende ihrer Tage entlang der Fäden eines feingesponnenen Intrigennetzes dirigieren, wenn, ja wenn nicht plötzlich Hamlet mit kaum verhohlener Macht aufs eng abgesteckte Spielfeld drängte. Respektive All-American Boy Jackson 'Jax' Teller (der, man mag es kaum glauben, vom geborenen Engländer Charlie Hunnam gespielt wird), Gemmas Sohn und Clays geerbtes Mündel, nachdem die beiden dessen Vater John - man ahnt es von Beginn weg - heimtückisch gemeuchelt haben. Der Plot will es nun, dass dem angestammten Thronanwärter Jax gleich in der ersten Folge das Journal, später auch aufschlussreiche Briefe des hochherzigen Idealistenvaters zufallen, in denen dieser die Abwärtspirale des Clubs zur gänzlich illusionsfreien Kriminellenvereinigung hellsichtig vorskizzierte. Vom brüderlichen Freigeist der 1970er ist zu Beginn des neuen Milleniums jedenfalls bis auf kaum mehr selbstgeglaubte Lippenbekenntnisse wenig übrig geblieben - bis Jax sich anschickt, dem Club etwas vom guten, alten Geist einzuhauchen. Jedoch, während das selbstgewobene Schicksal wie von perfekt ineinandergreifenden Rädchen getrieben seinen unerbittlichen Lauf nimmt, wird sich über den Episodengang hinweg die alles entscheidende Frage dahingehend zuspitzen, ob es Jax im sich gemächlich entfaltenden machtpolitischen Reigen gelingen wird, (mehr oder weniger) unbeirrt auf dem rechtschaffenen Pfad des Vaters zu wandeln - oder ob er am Ende unmerklich denselben Weg einschlagen wird wie Ziehvater Clay. 

Amerikanische (Alp)Träume

An kaum einer sozialen Gruppe liesse sich gegenwärtig der Bruch zwischen dem amerikanischen Traum und der amerikanischen Realität derart sinnfällig illustrieren wie an einer Rockergang, schrieb die ZEIT-Rezensentin. Recht hat sie, und recht hat auch Lana del Rey, die mit ihrem Video 'Ride' sozusagen den stimmigen Auftakt für Serienneulinge liefert. So verloren wie sie selbst darin wirkt, so verloren sind sie letztlich alle: die Figuren aus 'Sons of Anarchy'. Jede einzelne von ihnen. 



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