20 November 2012

Zeit ohne Duft (Tales about Time II)


"Es gibt keine Schauspieler, und doch handeln Hunderttausende. Es gibt keine Spielhandlung, und es erschließen sich doch ungezählte Dramen des Lebens. Es gibt keine Kulissen und keine Ausstattung, und man schaut doch (...) die unzähligen Gesichter der Millionenstadt. Paläste, Häuserschluchten, rasende Eisenbahnen, donnernde Maschinen, das Flammenmeer der Großstadtnächte - Schulkinder, Arbeitermassen, brausender Verkehr, Naturseligkeiten, Großstadtsumpf, das Luxushotel und die Branntweindestille... Der mächtige Rhythmus der Arbeit, der rauschende Hymnus des Vergnügens, der Verzweiflungsschrei des Elends und das Donnern der steinernen Straßen - alles wurde vereinigt zur Sinfonie der Großstadt." — Diese Verleihankündigung weckte Erwartungen, die der Film einzulösen, wenn nicht gar zu übertreffen vermochte; überdies enthält sie, in nuce, das ästhetische Programm des Films ebenso wie seine 'ideologische' Brisanz, die bis heute Gegenstand der Diskussionen ist.


"Nachgetrauert wird nicht der Zeit der Erzählung. Das Ende der Erzählung, das Ende der Geschichte muss nicht eine temporale Leere mit sich bringen. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit einer Lebenszeit, die ohne Theologie und Teleologie auskommt, die jedoch einen eigenen Duft besitzt."
Byung-Chul Han, Duft der Zeit (Vorwort)

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