Du musst unabdingbar scheitern, um vorwärts zu kommen. Du musst den Pfad des Irrtums, den Du einst im guten Sinne eingeschlagen hast, wieder verlassen, um den Weg zurück zu Dir zu finden. Niemand anders kann und wird es für Dich tun, in diesem Labyrinth, das wir gemeinhin Leben nennen. Niemand wird Dich an die Hand nehmen und sagen: ‘Da, sieh hin, durch diese schmale Pforte musst Du gehen. Dorthin, und nur dort entlang, geht Deine Reise.’ Du allein bist Deine Autorität und Dein Massstab, doch solange Du anderen blindlings folgst, bist Du auf ihrer Spur, nicht in Deiner.
Es gab eine Zeit, da musstest Du
anderen folgen. Du warst ein Kind und sie haben Deinen Kopf gefüllt mit
allerlei Ideen, was schlecht für Dich ist und was nicht. Sie meinten es gut und wussten es nicht besser. Du hast ihnen geglaubt, denn Du hattest damals keine
Wahl. Und jetzt wachst Du auf in einem Leben, das nicht das Deine ist. Du
siehst Dich um und fühlst Dich fremd in Deiner Haut. Du beobachtest Dich aus
zweiter Hand und merkst, Du weisst nicht einmal mehr, was Du fühlst, geschweige
denn wer Du bist. Du stehst vor einem Kartenhaus, Deinem Kartenhaus, und
zweifelst. Du zweifelst lange und tief und weisst irgendwann mit Sicherheit: hier
ist nicht, wo Du sein solltest. Irgendwann kommt dieser eine Tag, und Du lässt das
Kartenhaus zusammenbrechen, willentlich. Denn das ist es, was Kartenhäuser tun,
wozu sie bestimmt sind: sie brechen zusammen. In diesem Moment siehst Du
womöglich nur die Trümmer, nur die Spuren der Vernichtung. Du wirst trauern,
und auch das hat seine Zeit. Aber bald schon wirst Du das freie Feld sehen und
den Horizont. Die unendlichen Möglichkeiten dessen, was Du sein könntest. Und
die Notwendigkeit dessen zu werden, wer Du bist.
Noch begleitet Dich die Angst. Angst davor, nochmals zu scheitern, Angst, Dich noch einmal als nicht gut genug zu erweisen, sowie die vielleicht tiefste Angst von allen: dass Du es nicht in Dir hast, ein neues Haus zu bauen. Einen neuen Pfad einzuschlagen. Die Angst trägt viele Gewänder und sie alle weisen zurück zu Dir. Besehe sie, jedes einzelne von ihnen, denn die Angst in ihren vielen Gewändern ist Dein Freund. Sie fragt Dich unablässig: willst Du es wirklich, willst Du es genug, willst Du? Wenn Du es willst, tu es: und Dein Wille geschieht. Du brauchst keine Erlaubnis, also warte nicht länger. In Dir steckt die Kraft und Erfahrung von unzähligen Äonen, Vater, Mutter, Kind, die gesammelten Erzählungen der Menschheit und der Staub von Millionen von Sternen. Lass zu, dass die Führung sich ihren Weg aus Deinem Inneren bahnt. Vielleicht hörst Du zunächst nur ein Flüstern, ein Raunen. Vielleicht ruft sie bereits laut nach Dir, und hämmert unablässig. Vielleicht, wenn Du Glück hast, singt sie Dir ein Lied.
Werde zu dieser Melodie. Der Wind wartet schon lange darauf, sie in die Welt zu tragen. Du bist, sagt er, und das ist genug. Du bist, und es ist alles was zählt. Du bist, und es wird: Licht.
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