04 August 2013

Of Monsters and Men (Serien III)


Eigentlich war sie schon abgesetzt, die amerikanische AMC-Adaption 'The Killing' der dänischen Welterfolgsserie 'Forbrydelsen'. Sarah Linden, so schien es, würde im Gegensatz zu Sarah Lund keine dritte Staffel lang grimmig blickend über den Bildschirm flimmern - es kam anders, eine Einigung mit der Produktionsstätte FOX verhinderte in letzter Minute das prognostizierte Serienende. Selten musste man für eine Serienrettung dankbarer sein als für diese.


In den ersten beiden Staffeln von 'The Killing' wurde der Zuschauer mit einer Langsamkeit der Storyentwicklung rund um den Mordfall Rosie Larsen konfrontiert, die für den Instantkrimi-gewöhnten amerikanischen Geschmack entschieden zu gemächlich war - über zwei Staffeln und 26 Episoden liessen sich die Macher Zeit, um ein versponnenes Netz der Geschehnisse rund um den Fall zu weben, welches wie im dänischen Original hohe Politik und abgründige Familiengeheimnisse involvierte - sowie ein suspektes Casino im Indianerreservat, das entfernt Erinnerungen an 'Twin Peaks' hervorrief. Schmutzigschöne Kameraaufnahmen eines dauerverregneten Seattle haben dabei die Produktion von Beginn weg ausgezeichnet, ebenso wie eine handverlesene Besetzung. In der dritten Staffel hat man nun das Tempo aufgedreht und einen Genre-Wechsel zum Thriller vollzogen. Und es muss unverblümt gesagt werden: der neue Anstrich steht der Serie verdammt gut an, vereinzelten Kritikerunkenrufen (und Drehbuchschnitzern) zum Trotz.


Die Anknüpfung an das bisherige Seriengeschehen vollzieht sich über einen Fall, an dem Linden in der Vergangenheit gearbeitet hat - und von dem sie die psychische Zerrüttung davon trug, die ihr in den ersten beiden Staffeln noch merklich in den Knochen sass. Obsessiver Charakter, der sie ist, hatte sie sich in die damalige Fallaufklärung mit einer Verbissenheit eingebracht, die sie beinahe Gesundheit und Job gekostet hätte. Auf der Strecke blieb schliesslich die Familie, Lindens halbwüchsiger Sohn zog gegen Ende der zweiten Staffel zum Vater nach Chicago. So gibt es zu Beginn der dritten nichts mehr, was sich trennend zwischen Linden und die Ermittlungen stellen könnte, keinen Lebensaspekt, der nicht von Polizeiarbeit (der sie vorübergehend erfolglos den Rücken zu kehren versuchte) durchdrungen wäre. Auch wenn ihr das Leid, das diese mit sich bringt, in jede angestrengte Gesichtsfaser, jede vorzeitige Falte, eingemeisselt ist, gewinnt sie durch eine nicht anders als fatalistisch zu bezeichnende Akzeptanz ihres kompromisslosen Wesens paradoxerweise eine zenartig anmutende Ruhe. Ihre Getriebenheit, vormals ein Problem, wird zu einer schlichten Gegegebenheit


Die stichwortartige Ausgangslage der neuen Folgen: Ein kleiner Junge, der unaufhörlich Bilder von einem Tatort in den Wäldern malt, ein Vater, der für den Mord an dessen Mutter zum Tode verurteilt wurde, deren Leiche jedoch nicht in besagtem Waldstück, sondern in der heimischen Küche aufgefunden wurde. Minderjährige Ausreisserinnen, deren Leichen sich Jahre nach der Fallaufklärung sinnbildlich an dem gemalten Tatort stapeln: für Linden steht bald einmal fest, dass sie den falschen Mann hinter Gitter gebracht hat. Die Suche nach dem wahren Mörder wird zu einem Wettlauf gegen die Zeit, denn die Vollstreckung des Urteils steht an. Und zugleich steigt der Body Count.


Es ist keine leichte Kost, die AMC da serviert: das Elend der Strassenkids wird ungefiltert ausgebreitet, die Beschaffungsprostitution, das Nichtinteresse der Gesellschaft. Kleine Hoffnungsschimmer werden konsequent zunichte gemacht. Und am Ende fragt man sich, welches die wahren Monster sind, vor denen man sich fürchten sollte, während die Menschlichkeit zuletzt dort ihr Antlitz zeigt, wo man sie nicht vermutet hätte. Was dann doch irgendwie seltsam tröstlich ist. 

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