22 Juni 2013

Alter Deus


Er habe sich immer für Menschen interessiert, die das Chaos in der Welt zu strukturieren versuchten. Naheliegenderweise habe er sich mit Naturwissenschaftern beschäftigt. Aber auch die Literatur sei für ihn ein Mittel, Sinn im Unübersichtlichen herzustellen. Nicht um Trost zu finden. Dafür sei er nicht zuständig. «Erzählen heisst», und nun konnte man dem Aphoristiker wider Willen geradezu bei der allmählichen Verfertigung des Gedankens beim Reden zuschauen, «erzählen heisst, das Leben so zu gestalten, dass es dramaturgisch besser funktioniert als in der Wirklichkeit.» Und ein wenig staunte er nun selbst über diese Formulierung, die ihm, wie er glaubhaft erscheinen liess, aus dem Stegreif gelungen war.
Roman Bucheli über Daniel Kehlmann, in: Die Verbesserung der Welt 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen