29 Januar 2013

Django Reviewed


Das Phänomen nennt sich im Volksmund: die Rechnung ohne den Wirt machen. Dabei hätte es in der Tat schön werden können, mit dem neuen Tarantino: eingängige Charaktere, einprägsame Dialoge, ein eindringliches Thema, und (einmal mehr) ein Soundtrack, der sich auf so manchem iPod längerfristig einnisten dürfte. Wie kommt es also, dass man am Ende doch etwas verdattert, um nicht zu sagen: enttäuscht, den Kinoort des Geschehenes verlässt? Vermutlich sollte man in Zukunft den Herren und Damen Rezensenten und Rezensentinnen vom Feuilleton im Vorfeld vorbeugend etwas weniger Gehör schenken; sie wissen augenscheinlich nicht, was sie tun, wenn sie die Erwartungen ins fast Exorbitante hochschreiben. Abgesehen vom obligaten Genrewechsel war es schlicht: ein typischer Tarantino. Nur ist man diesmal leider versucht zu sagen: leider.
Irgendwie hat man alles schon mal (und teils auch mehrfach) gesehen: das weitschweifig-schöngeistige Salongeplauder vor kontrastierend dehumanisiertem Handlungshintergrund (nahezu brillant hier die vergleichsweise unspektakuläre, dafür aber umso effektivere Figurendekonstruktion der 'Southern Belle'), die wild hakenschlagenden Einzelpointen, die aus der abgehalfterten Versenkung der letzten zwei Jahrzehnte hervorgekramten und nun dankeshalber grossartig aufspielenden 80er-Jahre-(Serien-)Helden, den unverholen comicstilkopierenden Zuschnitt der episch angelegten Gemetzelszenen, dazu das gleich eimerweise spritzende Blut. Gerade was letzteres anbelangt gilt jedoch, dass das Prinzip 'mehr ist mehr' nicht immer das Ratsamste ist: zumindest in meinen Augen murkste die Massakerszene (wer den Film gesehen hat, weiss, von welcher ich spreche) den gesamten Spannungsbogen so konsequent ab, dass die narrative Zusatzschlaufe, die das filmische Geschehen danach zwecks Mythenbildung noch dreht, einen heimlich-auf-die-Uhr-schauend zurück lässt; packend ist das nicht mehr wirklich. Und ja, am Ende dürfte wirklich niemandem entgangen sein, dass Überheld Django sich abschliessend über seine Feinde wie auch über seinen Lehrmeister Schulz hinausgeschwungen hat, mit der putzigen Pferdedressureinlage, dem satinierten Scharlachanzug und der exakten Übernahme des Waltzschen Sprechgestus (um die Ereignisse quasi von hinten aufzuzäumen). Aber ist das zu diesem Zeitpunkt noch irgendwie relevant?


Mein persönliches Fazit fällt entsprechend zwiegespalten aus: 'Django Unchained' hat mich gute zwei Drittel lang bestens unterhalten, danach hat sich Tarantino mit gewohnt unbändiger Unmässigkeit eigenhändig ein potentielles Meisterwerk versäbelt - bleibt abzuwarten, ob sich ihm dereinst die Essenz der segensreichen Sentenz 'kill your darlings' auch im übertragenen Sinn erschliessen wird. Ein Geheimnis grosser Kunst liegt, wie mir scheint, nicht zuletzt in ihrer Fähigkeit zur Selbstdisziplin. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen